New Review from Stormbringer (germany)
AURA – Noise (CD)
Wertung: 3.5 von 5.0
Autor: Mike Seidinger (20. Februar 2015)
Normalerweise ist man aus Italien ja eher überbordenden Power-Bombast gewöhnt, dagegen nehmen sich die Prog-Rocker AURA fast minimalistisch aus. Das war aber nicht immer so: Das Quartett aus dem süditalienischen Salerno, das mit “Noise” sein drittes Langspielwerk auf die Menschheit loslässt, hat seit dem eher noch kitschig-überladenen Vorgänger “Deliverance” (2011) scheinbar eine 180-Grad-Drehung vollzogen – weniger ist mehr und so. Mit einer gehörigen Portion beinahe britischer Kühlheit wirkt die Musik von AURA im ersten Moment fast unaufdringlich, fast irgendwie “nur so nebenbei”. Die Tiefe muss man sich erst erhören, dafür geben einem die vier Top-Musiker aber eh zahlreiche Hilfen an die Hand: Die Songs sind zwar progressiver Rock mit leichter Metal-Schlagseite, klingen aber trotz raffinierter kleiner Kapriolen unkompliziert und leicht, die Strukturen liegen klar auf der Hand und man muss sich hier nicht erst Teil für Teil zusammenpuzzeln.
Dadurch hat “Noise” ein homogenes Gesamtfeeling, hier ist nichts an überflüssigem Ballast, hier sind alle Teile in sich schlüssig und machen im Kontext Sinn. Auf gut Deutsch: das Teil groovt und geht echt flockig ins Ohr. AURA können einen guten Song schreiben, ohne den Song an sich zu verzerren oder ihn zu sehr mit Firlefanz vollzupacken. Hier fallen einem THRESHOLD ein oder RPWL (“Dream Of Memories” oder der ruhige Rausschmeißer “The Distant World”), ansatzweise auch so typisch amerikanische Combos für die Ewigkeit wie FATES WARNING, REO SPEEDWAGON oder STYX. “Silence In A Word” erinnert ein wenig an entspannte PINK FLOYD-Klangteppiche, bevor es sich zu einem intensiven Gefühlsrausch aufbauscht. Das durchwegs harte, mit Konserven-Dudelsäcken veredelte “Falling” hat wiederum leichte Parallelen zu ARENA. Wirklichen Tiefpunkt hat der Zehntracker keinen, sogar wenn man sich zu eher poppigeren Balladen wie “Under Black Skies” herablässt, kann man dem Song eine gewisse Würde bewahren. “From Dust To Life” etwa ist auch kein schlechter Song, aber hier am ehesten für mich verzichtbar.
Zu poppig wird man aber eh niemals wirklich, auch wenn das fast schon zu perfekte, glatte Songwriting manches Mal den Anschein erwecken möchte. Die weiteren Höhepunkte wären im Schnelldurchlauf: “On The River Of Time” mit absolut göttlichem Refrain und gediegenen Synth/Gitarren-Kaskaden, das mit einem proggy Mittelteil dahergroovende “Behind My Eyes”, der eingängig-epische Opener “No Hatred” und das mit frechen Synth-Spielereien gespickte “Over The Ground”. Bemerkenswerter wird die Sache dann noch dadurch, dass Drummer Giovanni Trotta hier auch den Lead-Gesang so ganz nebenbei aus dem Ärmelchen schüttelt – prog as prog can be eben. Bei mir hat sich “Noise” heimlich, still und leise in die Dauer-Rotation geschlichen und im Ohr festgefressen. Nichts für Hochgeschwindigkeits-Freaks und Rekordjäger, hier wird gottlob nicht unnötig auf kompliziert gemacht. Liebhaber des entspannten, erwachsenen Prog Rock werden hiermit aber viel Freude haben. AURA definieren sich mit dieser Scheibe neu und positionieren sich ganz klar im AOR-Prog, klingen aber immer frisch und stecken scheinbar voller guter Ideen. Man darf gespannt sein, wie sich die Combo in den nächsten Jahren hoffentlich noch entwickeln wird!